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Dortmunder Raumplanungsprojekt in WDR, ARD und ZDF

Außerhalb der Fakultät sieht sich das Projektstudium der Raumplanung häufiger Kritik ausgesetzt. Ein typischer Kritikpunkt: Die Dortmunder Raumplanung (versch)wende zu viele Mittel auf wirklichkeitsfremde und für eine breite Öffentlichkeit uninteressante Studienprojekte. Dortmunder Raumplanerinnen und Raumplaner wissen natürlich, dass und weshalb diese Kritik falsch ist. In allen Evaluationen mit den AbsolventInnen der Fakultät Raumplanung nehmen die positiven Erfahrungen mit dem Projektstudium einen prominenten Platz ein. Erst im A- und im F-Projekt werden Studierende zu echten RaumplanerInnen!

Im Studienjahr 2014/15 hat das Anfängerprojekt A01 bewiesen: Studienprojekte der Dortmunder Raumplanung stoßen durchaus auf öffentliches Interesse. Dies galt bereits für viele andere Studienprojekte, aber ins bundesweite Fernsehen hatte es bisher noch kein Projekt geschafft.

Das Thema des Projektes war einer heiklen Frage gewidmet: Welche Rolle messen räumliche Planungen dem Selbst zu, also den individuellen Wahrnehmungen und Wünschen? Bauleitpläne abstrahieren stark vom Individuum. Während in Architekturplänen wenigstens ab und zu (gesichtslose) Figürchen auftauchen, zeigen Flächennutzungs- und Bebauungspläne nichts Individuelles. Diese Abstraktion rächt sich, unter anderem beim Regions- und Stadtmarketing. Das Bild einer Region oder einer Stadt, mag es auch generalisieren, darf nie vom Selbst ihrer Bewohnerinnen und Bewohner abstrahieren: vom Selbstverständnis, vom Selbstbewußtsein, vom Selbstzweifel, von der Selbsterfahrung, vom Selbstporträt.

Und am Selbstporträt setzte A01 methodisch an: Selbstis (Denglisch auch „Selfies“ genannt) zeigen im Vordergrund eine oder mehrere Personen, im Hintergrund aber ein Stückchen „Raum“. A01 untersuchte: In welchen Räumen situiert sich das Selbst in der Städteregion Ruhr? Was sieht man auf Selbstis, die bei Instagram oder in anderen sozialen Netzwerken mit dem Hashtag  #RUHR hochgeladen und von anderen gemocht („liked“) werden?

Raumwissenschaftliche Forschung erlangt durch die Klassifizierung und Analyse der Hintergründe von Selbstis erstaunliche Einblicke in die gefühlten Identitäten der Menschen im Ruhrgebiet. Erstaunlich sind die Ergebnisse vor allem im Vergleich mit dem Bildervorrat professioneller Marketingunternehmen. Nicht das „Malochen“, der Arbeitsplatz oder vermeintliche Modernisierung stehen im Vordergrund (genauer: im Hintergrund) der Selbstis, auch nicht Kohle und Stahl, sondern freiräumliche Qualitäten, Fußballerlebnisse und Autofahrten in der Städteregion Ruhr. Dies sollte den einen oder anderen (selbsternannten) Marketingexperten „überraschen“.

Das Anfängerprojekt hat den Projektbericht als Website gestaltet und veröffentlicht. Über das Studienprojekt berichteten der WDR, die ARD und das ZDF. Das Interesse öffentlich-rechtlicher TV-Stationen gilt vermutlich weniger der Raumplanung als dem Phänomen des Selbsti, der Abbildung des Selbst durch die zweite Linse der Smartphone-Kamera. Darin liegt eine Herausforderung: Das Studium der Raumplanung muß auch künftig kreative, unerwartete und merkwürdige Themen aufgreifen. Das braucht viel Geld, Zeit und Aufmerksamkeit. Das Projektstudium ist der ideale Ort, um aus jungen Frauen und Männern … sehr gute Raumplanerinnen und Raumplaner zu machen!

Kontakt: Prof. Dr. Benjamin Davy